Entstehung Academia Linguae

Schulleiterin
Claudia Sentürk, die Gründerin und Schulleiterin der Academia Linguae

Die 2006 gegründete Academia Linguae geht auf eine studentische Initiative zurück, bei der sich die Germanistikstudentin Claudia Sentürk und der Geschichtsstudent Matthias Wühle an der Uni Frankfurt trafen und feststellten, daß sie ein gemeinsames Problem haben: Latein.

Beide mussten für ihre Zwischenprüfung entsprechende Sprachkenntnisse in Latein vorweisen, hatten in der Schule aber kein Latein gehabt. Lateinkenntnisse: Null. Schon in der für Magisterstudenten obligatorische Pflichtberatung wurde der Finger tief in die Wunde gelegt: „Sie haben kein Latein? Unsere Uni bietet zwar Kurse an, aber sehen Sie zu, daß sie auch externe Kurse besuchen, wenn Sie ihr Studium wirklich ernst nehmen.“ Tatsächlich wurde ein Kurs am Campus Bockenheim angeboten: zwei mal die Woche, wovon der zweite Tag bereits durch ein anderes Seminar, für das ich mich eingeschrieben hatte, überschnitten wurde; und so wichtig mir Latein auch war, aber ich konnte unmöglich ein wichtiges Fachseminar dafür sausen lassen. Somit war bereits ab dem ersten Semester eine vernünftige Lateinausbildung nicht möglich.

Dazu kam noch, daß der Uni-Kurs in einem vollen Hörsaal stattfand, eine für die Sprachausbildung denkbar ungünstige Ausgangssituation, wo es auf Übung und Hinterfragen ankommt, was sich nur in Kleingruppen realisieren läßt. Ich war gleich zweifach demotiviert: Durch den Druck der Pflichberatung und durch das mangelhafte Angebot der Uni Frankfurt.

Claudia Sentürk, die bereits in einer Sprachschule gejobbt hatte und über entsprechende Kontakte verfügte, hatte dann die Idee, eine Einrichtung aufzubauen, die Studenten mit ähnlichen Problemen helfen soll, sich in den Semesterferien für das Latinum fit zu machen, ohne daß dabei ihr reguläres Studium beeinträchtigt wird. Als dann auch die Uni ihre Unterstützung zugesichert und entsprechende Räumlichkeiten am Campus Bockenheim bereitgestellt hatte, war der äußere Rahmen klar und mußte jetzt nur noch mit Ideen gefüllt werden. Deshalb griff Sie den Akademiegedanken auf, ohne dabei in die Gefahr einer Anmaßung zu geraten.

 

Die Academia Linguae bietet Ihren Studenten die Möglichkeit, sich im Geiste Platons, Karls des Großen und Gottfried Wilhelm Leibnitz Wissen anzueignen, elitäres Wissen – denn wir machen keine Buchführungskurse. Wer dies bewußt in den Semesterferien, also in seiner Freizeit unternimmt, muß eine gehörige Portion von Motivation mitbringen, die wir auch honorieren wollen: Am Ende soll das Latinum als Lohn aller Mühen stehen. Da die gemeinsame Gruppenarbeit von Lehrern und Schülern ein Hauptmerkmal der platonischen Akademie war, liegt hier eine fundamentale Gemeinsamkeit mit dem akademischen Gedanken zugrunde, einem Gedanken, der für das Bildungsideal steht. Und welcher Lehrinhalt eignet sich dafür wohl besser als die lateinische Sprache? Latein war sowohl bei Karl dem Großen, als auch bei Petrarca in der Renaissance die Grundlage schlechthin, sich mit antiken Schriftstellern befassen zu können. Seit dem Mittelalter wird Latein als wichtigste Wissenschaftssprache gepflegt. Bis ins 19. Jahrhundert erschienen Dissertationen und andere wissenschaftliche Publikationen überwiegend auf Latein. Bis heute gilt Latein als grundlegender Schlüssel zum Sprachverständnis, zur Geschichte und zur Wissenschaft schlechthin. Und das meinen wir mit dem akademischen Gedanken: Latein ist eben mehr als nur der Schlüssel zur Zwischenprüfung. Das sollte man von Beginn der ersten Unterrichtsstunde der Academia Linguae vor Augen haben.

Der Humanist und Reformator Philipp Melanchthon pflegte seine Schüler jeden Morgen so zu begrüßen: „Seid gegrüßt Ihr erwürdigen Pastoren, Doktoren, Lizentiaten, Superintendenten, seid gegrüßt, hochachtbare, wohlweise, großgünstige Herren Bürgermeister, Vögte, Schöffe, Kanzler, Sekretäre, Magister usw. usw.“ Darauf angesprochen, ob er die Kinder damit necken wolle, erwiderte er ernst: „Ich sehe diese Kinder nicht an, wie sie jetzt beschaffen sind, sondern wozu sie gezogen und unterwiesen werden“. In diesem Sinne möchten wir am 19. Februar 2007 die Teilnehmer des neuen Kurses begrüßen: „Seid gegrüßt, ehrwürdige Magister, Lehrer, Doktoren, Professoren, Vorstandssprecher, Abteilungsleiter…“