Lingua Latina und Lingua Romana Rustica der Spätantike

Mit dem Untergang Westroms und dem Einfall germanischer und arabischer Völkerstämme in dessen Territorium verliert das Lateinische ab dem 5. Jhd. Als Volkssprache an Bedeutung. In Westrom spricht man die Sprachen der neuen Herrscher, in Ostrom gewinnt das Griechische wieder an Bedeutung. Gleichzeitig kommt es in den verbliebenen Latein-sprechenden Gebieten zu einer Sprachspaltung. Ab etwa 600 an lommt es zu einer Trennung der Sprachverwendung. Die Lingua Latina bleibt weiterhin Ausdrucksmitel von Kirche, Wissenschaft und Literatur, während das Volk, so überhaupt noch Latein sprechend, eine davon immer stärker abweichende Lingua Romana Rustica, das sogenannte „Vulgärlatein“ spricht.

Der Übergang vom Vulgärlatein zu den heute eigenständigen Romanischen Sprachen Italienisch, Französisch, Spanisch, Portugiesisch, Rumänisch und Rätoromanisch ist fließend und vollzieht sich zwischen 600 und 800. Selbst die in klassischem Latein verfassten Schriften von herausragenden Gelehrten des 6. Jahrhunerts können den Verfall der lateinischen Kultur nicht mehr aufhalten. Wichtigste Vertreter dieser letzten Spätblüte der Lingua Latina waren der Philosoph Boethius und der Dichter Corippus. Indes profilierte sich die Kirche als wichtigste Bewahrerin des Lateins und damit des gesamten Wissens des Altertums überhaupt. Wichtigster Vertreter ist der Philosoph und spätere Kirchentheoretiker Augustinus von Hippo um 500, der oft auch „Kirchenvater“ genannt wird. Man kann wohl zur Kirche stehen, wie man will, aber es ist unbestreitbar, daß diese Institution die wichtigste Kulturbrücke zwischen Antike und Gegenwart darstellt.

Besonders Papst Gregor I, auch der Große genannt, betrieb im 6. Jhd. eine eifrige Missionierung der Angelsachsen und brachte somit nicht nur Christentum, sondern auch Latein in diese Völker. Diese Reise des Lateins durch die Völkerstämme kann man heute noch nachvollziehen, wenn man z.B. den Spuren des griechischen Wortes μοναχός (Monachos) für Mönch, Lateinisch: monachus folgt und in den heutigen Sprachen aufspürt: Deutsch: Mönch, Französisch: Moine, Italienisch: Monaco, Englisch: Monk. Man findet man es auch noch in Ortsnamen wieder: Monaco, München, Mönchengladbach.